Klimawandel, Umweltkatastrophen und Kohlekraft beim Grimme Online Award
Nach einem heiteren Einstieg in 23 Jahre Grimme-Online-Award-Geschichte widmen wir uns nun einem ernsthaften und hochaktuellen Thema.
Längst ist die internationale Klimabewegung Fridays for Future, hervorgegangen aus dem Schulstreik der schwedischen Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg, den sie als „Skolstrejk för klimatet“ Mitte 2018 startete, weltweit ein Inbegriff dafür geworden, dass sich die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen für das Einhalten der 1,5-Grad-Grenze des Pariser Klimaabkommens von 2015 einsetzen. Klimawandel und Klimaschutz sind aber nicht erst seit Mitte der 2010er in den Köpfen der Menschen präsent. Bereits Ende der 1970er und in den 1980er Jahren entstand ein Netzwerk der Klimaforschung (Quelle: bpb), in Deutschland wurde die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegründet, die sich für die Natur, den Atomausstieg und eine bessere Welt einsetzt, und 1992 wurde auf dem Gipfel in Rio de Janeiro die Klimarahmenkonvention unterzeichnet, deren Ziel es unter anderem war, die Treibhausgaskonzentrationen zu stabilisieren.
Auch beim Grimme Online Award finden sich bereits seit 2003 Angebote unter den Nominierten und Preisträgern, die sich mit den Themen Klima, Umwelt, Natur und weiteren ökologischen Themen beschäftigen.
2004 wurde mit „Planet Wissen“ von WDR, SWR und BR alpha die sendungsbegleitende Website als Preisträger ausgezeichnet, die mit multimedialen Inhalten, Text,- Bild- und Filmmaterial über das Leben in verschiedenen Wäldern auf der Erde aufklärte. Die Jury begründete den Preis damals wie folgt:
„Zu den Höhepunkten des Angebots zählt eine dreidimensionale Flashanimation des tropischen Regenwalds. Auf Knopfdruck kann von Tages- auf Nachtzeit umgeschaltet werden. Ein Klick auf Tiere und Pflanzen öffnet kleine Informationsfenster. Über einen Schieberegler können die Ebenen des Dschungels vom Boden bis zur Baumkrone erforscht werden. Vogelgezwitscher und andere Tiergeräusche unterstützen akustisch das Erlebnis.
(aus der Jurybegründung)
Online-Nutzer können auf verschiedenen Wegen zum Ziel gelangen. Neben dem Zugang über Rubriken und einer Suchmaschine kann in einem »Wissens-Planetarium« über ein interaktiv steuerbares Netzwerk der Kontext eines Themas recherchiert werden. So kann man assoziativ von Thema zu Thema wandern. Das unspektakuläre und übersichtliche Design unterstützt die Funktionalität des Angebots.“
Die Website ist zwar weiterhin online, allerdings sind die ausgezeichneten Inhalte über verschiedene Wälder nicht mehr abrufbar.
In der 2008 nominierten Multimedia-Reportage „GEO.de: Raja Ampat“ reiste ein Reporterteam in das Korallendreieck zwischen Neuguinea und Borneo und zeigte in Video- und Fotoaufnahmen die Unterwasserwelt.
„Ein achtköpfiges Forscherteam hat Abromeit auf der Expedition an die Westküste Irian Jayas begleitet: Fischexperten, Ökologen und Genetiker aus vier Nationen erkundeten knapp zwei Wochen lang die Korallenriffe der dünn besiedelten Inselgruppe, suchten nach unentdeckten Arten und vor allem nach einer Antwort auf die Frage, die seit Jahrzehnten die Wissenschaft umtreibt: Warum gibt es in der Region zwischen dem indischen und pazifischen Ozean die meisten Korallenrifftiere der Welt?“
(von der Website „Raja Ampat“. Die Artikel sind noch online, nicht aber das Multimediaspecial)
2012 wurde das Online-Magazin „klimaretter.info“ für seine Berichterstattung über Klimawende und Energiepolitik nominiert (nicht mehr online).
„Neben Nachrichten und Hintergrundanalysen bietet die Website auch Tipps, um das tägliche Leben umweltfreundlicher zu gestalten und einen „Klima-Lügendetektor“, der Greenwash-Strategien von Politik und Wirtschaft aufdeckt. 2007 ins Leben gerufen, hat sich „Klimaretter“ zu einem bedeutenden deutschsprachigen Online-Magazin entwickelt, das sich mit dem Thema kompetent auseinandersetzt und dabei die Möglichkeiten und Probleme des Klimawandels und der Energiewende aufzeigt und die Leser zum Handeln auffordert.“
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
„Das Problem der Erderwärmung, die Endlichkeit der Energieressourcen und die dadurch notwendig werdende Transformation der Energieversorgung sind die größten Zukunftsaufgaben der Menschheit. Es geht um eine industrielle Revolution und jede Revolution braucht ein Medium, um sich zu artikulieren, um den Weg zu debattieren und den Fortschritt zu bewerten. klimaretter.info versucht Sprachrohr diese Revolution zu sein.“
(aus dem Interview mit Nick Reimer auf quergewebt)
In der multimedialen Reportage von Arte „Amazonien – Die Seele der Indios“ (nicht mehr online verfügbar), Preisträger 2012, konnten die Nutzer*innen anhand von Videos in die Atmosphäre Amazoniens und das Leben von Ureinwohner*innen eintauchen und den Einfluss von Klimaveränderungen erfahren. Besonders überzeugt hat die Jury damals das Design der Website:
„Aus Elementen von Gemälden von Miguel Cádenas wurde ein überzeugendes Web-Special gestaltet, das zum Entdecken und Ausprobieren verleitet. Mit Schlagwörtern, Glossar und dezenter Menüführung sowie einer sorgfältig komponierten Abfolge der Videos setzt das Angebot zudem Maßstäbe, nämlich wie sich auch ein komplexes Thema, in diesem Fall die Klimaveränderung, in seinen unterschiedlichen Aspekten strukturieren und gleichzeitig mit einer beispielhaften Sammlung von Bewegtbildaufnahmen gekonnt visualisieren lässt.“
(aus der Jurybegründung)
Um das Leben am Polarmeer geht es bei „Polar Sea 360°“, einer Reportage von Arte, die 2015 mit einem Grimme Online Award ausgezeichnet wurde und die den Klimawandel in der Arktis, den Rückgang des arktischen Eises und das Leben der Inuit mittels 360 °-Technik und VR-Brille sichtbar machte (nicht mehr online verfügbar). Eindrücke aus dem Angebot finden sich im Preisträger-Einspieler.
Die Video-Reisereportage “Polar Sea 360°“ erschließt ihrem Publikum eine neue Dimension. Die mittels 360°-Technologie realisierte interaktive Webdokumentation erzeugt eine Atmosphäre der Unmittelbarkeit und lässt Nutzer ganz nah eine Region erleben, die besonders stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen ist. (…) In eindrucksvollen Bildern dokumentiert “Polar Sea 360°“ den Rückgang des arktischen Meereises, der in den vergangenen Jahren dramatische Ausmaße angenommen hat. Die mythenumwobene Nordwestpassage, bislang nur von wenigen Polarforschern durchquert, könnte schon bald dauerhaft eisfrei sein.“
(aus der Jurybegründung)
Zwei Wochen begleitete das Team des NDR (in Zusammenarbeit mit Süddeutsche Zeitung, Correctiv und Robert Bosch Stiftung) 2015 die Weltklimakonferenz in Paris und dokumentierte im multimedialen Live-Blog „Das Paris Protokoll“ mit Interviews, Fotos und Videos das Geschehen, das 2016 für den GOA nominiert wurde. Sieben Delegierte und Berater werden bei ihrer Arbeit begleitet.
„Wir wollten zeigen, wie dieser politische Prozess funktioniert. Wie die Weltgemeinschaft versucht, sich auf ein gemeinsames Ziel in Sachen Klimawandel und Erderwärmung zu einigen. Diesen politischen Streit, diese große Auseinandersetzung, wollten wir abbilden. Uns ging es diesmal nicht um konkrete Geschichten von Betroffenen in den Ländern, sondern um die Verhandlungsführer, die sich seit Jahren, zum Teil seit Jahrzehnten, mit diesen Fragen beschäftigen. Sie haben sich lange auf diese Konferenz vorbereitet, kennen sich zum Teil und ringen alle darum, das aus ihrer Sicht Beste herauszuholen. Das können zwei verschiedene Dinge sein: Einerseits kämpfen sie alle für die Zukunft des Planeten, andererseits hat aber auch jeder das Interesse seines Landes zu vertreten.“
(aus dem Interview mit Jan Schäfer auf quergewebt)
In den Interviews mit den Nominierten spricht Redaktionsleiter Kai Schächtele über das Projekt.
Das 2016 mit dem GOA ausgezeichnete Webspecial „Klangökologie: Die Symphonien der Natur“ der FAZ macht Naturgeräusche wie den Gesang von Finnwalen, die Unterwasserwelt oder einen Regenwald in Borneo hörbar und durch Spektogrammvideos auch sichtbar. Die Aufnahmen von Naturklängen und deren Veränderungen soll auf Themen wie ökologische Vielfalt und Massensterben aufmerksam machen.
„Eine der Haupterkenntnisse der Klangökologie ist außerdem, dass die Natur sogenannte Klangnischen hat: verschiedene Tierarten überlappen sich in ihrer Frequenz oft nicht. Das kann man vielleicht, wenn man musikalisch trainiert ist, hören, aber man kann es am besten nachvollziehen, wenn man es auch sieht. In einem Beispiel singen fünf verschiedene Zikadenarten, und ohne das Klangspektrum zu sehen, könnte man nicht hören, dass sie sich nicht in ihren Frequenzen überlagern.“
(Interview mit Wissenschaftsjournalist Andreas von Bubnoff auf quergewebt)
Im Zusammenhang mit der Nominierung ist auch ein Videointerview mit Andreas von Bubnoff entstanden.
2017 wurden die multimedialen ARTE-Webdokus „Meer entdecken!“ (nicht mehr online) nominiert. In den drei Themensträngen: Machtpoker um Rohstoffe, Grünlandeis und -expedition Ende der 1920er und Plastik in den Meeren geht es um die Verantwortung der Menschen gegenüber den Meeren.
„Es zeigt sich einfach, dass die Meere so extrem wichtig sind als Faktor für diesen Planeten, dass sich darin auch die Problematik immer stärker zeigt. Die Meere lassen es uns insbesondere jetzt dramatisch wissen, was wir hier auf unserer Erde eigentlich machen und dass es eines Tages zu spät sein könnte, etwas daran zu ändern.“
(aus dem Interview mit Alexander Lahl auf quergewebt)
Gleich zwei nominierte Angebote beschäftigten sich 2020 mit Klima und Umwelt: „Anatomie einer Katastrophe“ der SZ berichtet in einem Longread über die Auswirkungen des Klimawandels, CO2 und Erderwärmung.
„Wir haben uns über die Struktur Gedanken gemacht und kamen auf einen Aufbau, der uns stringent erschien, mit dem wir das Ganze gut durcherzählen konnten. Wir fangen ja an mit einem einzelnen CO2– Molekül, ein winzig kleines, unsichtbares Teilchen, das aber eine unfassbar große globale Veränderung verursacht. Die Idee war, von diesem kleinen Molekül zum Schmelzen der Polkappen und zu diesen ganzen globalen Veränderungen zu kommen. (…) Das ist, glaube ich, jetzt gerade die große Herausforderung der Bevölkerung oder der Weltgesellschaft, dass wir dieses akute Corona-Problem in den Griff kriegen müssen, ohne dabei das Klimawandel-Problem außer Acht zu lassen. Sonst holt uns das auf brutale Art wieder ein.“
(aus Interview mit Christian Endt für quergewebt)
Bei „#bienenlive – Folge den Königinnen“ (nicht mehr online) konnten Nutzer*innen sechs Monate lang das Leben von Bienen in drei Bienenstöcken via Newsletter, WhatsApp und Blog verfolgen.
„Es hat uns einerseits gelockt, die Begeisterung für Bienen bei den Menschen zu wecken. Wir wollten aber auch die Bienen als Botschafter*innen nutzen, um Geschichten rund um Biodiversität, um Insektenvielfalt und um die Bedrohung der Natur zu erzählen.“
(aus Interview mit Bertram Weiß für quergewebt)
2022 gab es ebenfalls zwei Projekte, die sich mit dem Thema Umweltverschmutzung beschäftigen.
In der Scrolldoku „Umwelt in Ostdeutschland“ des MDR werden die Auswirkungen von Umweltsünden in der DDR anhand von interaktiver Karte und Statistiken aufgezeigt.
„Das Projekt „Umwelt in Ostdeutschland“ ist ein visuelles Meisterwerk. Es behandelt die Umweltverschmutzung in der ehemaligen DDR und ihren Einfluss auf Natur und Klima. Die interaktive Reise beginnt auf Höhe der Staubwolken, die durch die Schlote der Braunkohlekraftwerke freigesetzt wurden, und endet im düsteren Erdreich in 70 Metern Tiefe. Dazwischen erfährt man viel zu Geologie, Geographie und Topologie. Hinzu kommen Informationen zu Waldschäden und Vogelarten, Darstellungen zur Flächennutzung in der Agrarwirtschaft sowie eine detailreiche Karte zur Wasserqualität der Flüsse in Mitteldeutschland. Und es zeigt sich: Nicht alles ist nach der Wende besser geworden.“
(aus der Jurybegründung)
Im Interview auf quergewebt spricht Michael Schönherr über die Entwicklung des Projektes und Darstellung des Scrollytellings.
Unter und über Tage
Das 2022 nominierte Scrollytelling „Wir schalten ab, sie heizen hoch“ von ZEIT Online beschäftigt sich mit den Kohlekraftwerken weltweit und zeigt in einer interaktiven Weltkarte die aktuellen CO2-Emissionen und welche Kraftwerke abgeschaltet bzw. im Bau sind.
„Wir sind dann relativ schnell auf den Web-Dienst Carbon Brief aus Großbritannien gestoßen, die Daten sehr minutiös und über viele Jahre sammeln. Wir sind mit ihnen in Kontakt getreten, haben von unserem Projekt erzählt und was wir gerne machen würden. Sie waren damit einverstanden, uns die aktuellen Zahlen für die Weltkarte zur Verfügung zu stellen. Dann konnten wir loslegen und mit den Korrespondenten sprechen. Dafür haben wir uns angeschaut, welche Regionen besonders interessant sind im Hinblick auf die Entstehung neuer Kraftwerke und Kraftwerke, die im Umbruch sind. Uns erschien es dann am schlüssigsten, direkt Leute vor Ort zu fragen, als es aus der Entfernung zu machen.“
(aus Interview mit Zacharias Zacharakis für quergewebt)
Auch das 2019 nominierte VR-Angebot „WDR Bergwerk in 360° und VR“ beschäftigt sich mit dem Thema Kohlekraft. In einem virtuellen Bergwerk kann man in die letzte geschlossene Steinkohle-Zeche Prosper Haniel in Bottrop einfahren und sie erkunden. So wird ein Stück Industriegeschichte erhalten.
„Es war ein Gefühl, als tauche man in eine ganz andere Welt ein, aus verschiedenen Gründen. Zum einen ist es ja wirklich so, dass man sich vor Eintritt in diese Arbeitswelt einmal komplett entkleiden musste. Denn selbst die eigene Unterhose war unter Tage tabu. Darin eventuell enthaltene Synthetikfasern hätten durch Reibung einen Funkenflug und in der Folge eine Methangasexplosion auslösen können. Mit blauer Feinripp-Unterwäsche, Grubenhemd, schweren Stiefeln und Helm ausgestattet, vollzog sich allein optisch eine Verwandlung. Und das Miteinander unter Tage war spürbar anders als über Tage.“
(aus dem Interview mit Stefan Domke für quergewebt)
Nicht um Steinkohle, aber um Braunkohle geht es im 2021 nominierten VR-Special „Braunkohle 360°: Mitten im Tagebau“ des WDR. Man kann mit und ohne VR-Brille in die Welt des Braunkohleabbaus eintauchen, dabei werden aber auch die kritischen Seiten des Kohleabbaus wie die Aktivisten des Hambacher Forsts und die Dorfbewohner beleuchtet.
„Die Idee war, den Nutzer*innen ein schon vielfach abgebildetes Thema so zu präsentieren, wie sie es zuvor noch nie erlebt haben. Und gerade, weil es nur den Wenigsten möglich ist, sich vor Ort ein Bild vom Tagebau oder von den Protesten im Hambacher Wald zu machen, wollten wir es mithilfe von 360° umsetzen: Weil sich damit jede und jeder einen eigenen Rundumblick verschaffen kann.“
(aus dem Interview mit Stefan Domke für quergewebt)
Weltweite Auswirkungen
Hitze, Wasserknappheit und Überschwemmungen sind die Themen des 2023 nominierten Angebots „Wo unsere Erde unbewohnbar wird“ der FUNKE Mediengruppe. In der interaktiven Anwendung zeigt sich anhand von Säulenanimationen, wie sich die Landstriche auf der Erde durch kommende Klimakatastrophen bis 2100 verändern werden.
„Wir kriegen immer noch Reaktionen darauf, und zwar auch internationale. Das hat die Leute wirklich angefasst, auch am anderen Ende des Planeten. Und was uns richtig gefreut hat, war, dass die Wissenschaftler*innen, mit denen wir zusammengearbeitet haben, es teilweise in ihren Vorträgen benutzen. Sie haben das als Beweisführung genommen, dass Journalist*innen sich damit auch beschäftigen bzw. dass man die Daten auch außerhalb der Wissenschaftsbubble benutzen kann. Das hat uns klar gemacht, dass wir damit nicht nur den visuellen Effekt hatten, sondern dass es einen ernsten wissenschaftlichen Hintergrund hat. Das Ziel eine Faktenbasis zu schaffen, ohne nur aktivistisch zu überzeugen, war uns wirklich wichtig.“
(aus dem Interview mit André Pätzold für quergewebt)
Das Scrollytelling „Das Ende vom ewigen Eis“ des Schweizer Tagesanzeiger-Magazins wurde 2023 mit dem GOA als Preisträger ausgezeichnet. In acht Kapiteln geht es um das Abschmelzen des Thwaites-Gletschers und die Folgen für den Meeresspiegel.
„Die Autoren von „Das Ende vom ewigen Eis“ haben es geschafft, ein hochkomplexes naturwissenschaftliches Phänomen in einer zugänglichen Geschichte zu erzählen, die auch Nicht-Wissenschaftler*innen verstehen. Damit bringen sie ein brisantes und sehr aktuelles Thema aus der Nerd-Ecke in die breite Öffentlichkeit und zeigen ohne erhobenen Zeigefinger die erschreckenden Auswirkungen der Klimaerwärmung anhand eines treffenden und medial bisher selten aufbereiteten Beispiels. Die Leser*innen können die intensive und tiefgehende Recherche mitverfolgen und tauchen gemeinsam mit den Autoren weiter in das Thema ein.“
(aus der Jurybegründung)
Fluten und Erdbeben
Mit den Auswirkungen von Naturkatastrophen, deren zunehmende Häufigkeit und Intensität auch eine Folge des Klimawandels sind, beschäftigen sich ebenfalls einige nominierte Angebote.
Der 2023 nominierte Podcast „Die Flut – Warum musste Johanna sterben?“ von SWR und WDR berichtet in sechs Folgen über Johanna, ein Opfer der Flutkatastrophe im Ahrtal in 2021, und zeigt auch die politische Verantwortung und Konsequenzen der Jahrhundertflut auf.
„Dieser Podcast ist eine ganz wichtige Aufarbeitung für die Betroffenen und Hinterbliebenen der Flutkatastrophe. Es ist eine sehr emotionale Herangehensweise anhand eines Schicksals zu versuchen, diese gesamte Katastrophe abzubilden und dabei alle offenen Fragen zu beantworten. Alles, was Johanna erleben musste, hat irgendwie mit dieser Katastrophe zu tun. Wurde sie früh genug gewarnt? Was hat sie vielleicht schon Tage vorher mitbekommen? Wo hat sie sich aufgehalten? Wie hat sie vorher gelebt? Alle Menschen, die da gestorben sind, standen mitten im Leben. Und genauso sie.“
(aus dem Interview mit Host Marius Reichert auf quergewebt)
2005 wurde das „ZDF Tsunami Blog“ (nicht mehr online) für seine Zusammenfassung der Berichterstattung über die Tsunami-Katastrophe Ende Dezember 2004 in Südasien nominiert.
„Mit einem Weblog hat das ZDF die Berichterstattung und die Entwicklung im Internet beobachtet und den Lesern schnellen Zugriff auf relevante Websites für Angehörige und Hilfesuchende ermöglicht. Welche Suchseiten gab es? Wie wurde in anderen Ländern über die Flutwelle berichtet?“
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Webreportage „Auferstanden als Ruine!“ wurde 2015 nominiert und berichtet fünf Jahre nach dem Erdbeben im Januar 2010 über den Wiederaufbau auf Haiti.
„Der Katastrophen-Journalismus folgt der gleichen, kurzfristigen Logik wie die Katastrophenhilfe. Und letztlich ist beides ein Zeichen unserer modernen, hektischen und unsicheren Zeit. Wer kann und will noch langfristig planen? Wen interessiert noch Relevanz, wenn alle nur um Reichweite buhlen? Das Problem ist, dass man so aus dem Blick verliert, wohin es eigentlich gehen soll. Den Luxus des Innehaltens müssen wir uns als Gesellschaft und als Journalisten aber gönnen, denn sonst sind wir nur noch Getriebene in einem aufgewühlten Meer einer letztlich sinnlosen Betriebsamkeit. „Auferstanden als Ruine“ ist deshalb auch ein Symbol oder vielleicht besser ein Symptom unserer Zeit.“
(Autorin Sandra Weiss im Interview auf quergewebt)
Atomare Katastrophen
Auch die Geschichte und die Auswirkungen von Atomkraft auf Mensch und Umwelt sind Thema beim Grimme Online Award.
2022 gewann die Graphic Novel „Nuclear Games – Die atomare Bedrohung“ von Docmine und SRF | SRG einen Grimme Online Award für die Dokumentation und interaktive Animation von acht Jahrzehnten Nukleartechnologie.
„Der Katastrophen-Journalismus folgt der gleichen, kurzfristigen Logik wie die Katastrophenhilfe. Und letztlich ist beides ein Zeichen unserer modernen, hektischen und unsicheren Zeit. Wer kann und will noch langfristig planen? Wen interessiert noch Relevanz, wenn alle nur um Reichweite buhlen? Das Problem ist, dass man so aus dem Blick verliert, wohin es eigentlich gehen soll. Den Luxus des Innehaltens müssen wir uns als Gesellschaft und als Journalisten aber gönnen, denn sonst sind wir nur noch Getriebene in einem aufgewühlten Meer einer letztlich sinnlosen Betriebsamkeit. „Auferstanden als Ruine“ ist deshalb auch ein Symbol oder vielleicht besser ein Symptom unserer Zeit.“
(aus der Jurybegründung)
Auf quergewebt erschien ein Interview mit Patrick Müller dazu, wie das Angebot die unterschätzte Kraft des Atoms verdeutlicht.
In der multimedialen Webdoku „Keine Zeit für Wut“ der NZZ wird zwei Jahre nach der Katastrophe von Fukushima in 2011 über die Schicksale von Betroffenen erzählt und dabei auch aufgezeigt, was das Reaktorunglück für die Umwelt bedeutete.
„Aus ganz persönlicher Perspektive erzählen eine Familie mit kleinen Kindern, ein Fischer, eine Schulleiterin und ein pensionierter Taxifahrer, wie sie heute mit den Folgen leben und ihr Schicksal bewältigen. Die Betroffenen geben so einen aktuellen Einblick – trotz verblassender Aufmerksamkeit in der Berichterstattung – und lassen die Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten.“
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
2022 haben wir in einem Artikel auf quergewebt: „Klimawandel und Klimakatastrophe: Die Zeit drängt“ über einen Teil der Angebote geschrieben, die im Wettbewerb eingereicht wurden und sich mit dem Klimawandel und der Klimakrise beschäftigen.
Die Themen Klimawandel und Umweltschutz werden uns auch über die kommenden Jahrzehnte in den Nachrichten weiter begleiten und so werden sich sicherlich auch in den künftigen Wettbewerben des Grimme Online Award Angebote finden, die sich mit dem Klima der Erde beschäftigen.