Grimme Online Award – Kategorie Spezial
„Der Grimme Online Award Spezial prämiert innovative und qualitativ herausragende Konzepte und Beispiele für publizistisch relevante Angebote sowie publizistische Einzelleistungen von besonderer Qualität, die den ersten drei Kategorien nicht zuzuordnen sind.“
Auszug aus dem Statut des Grimme Online Award
Wie der Name der Kategorie bereits zeigt, werden in dieser seit 2005 besondere Angebote ausgezeichnet, die in hohem Maße aktuelle Themen & Trends widerspiegeln und themenübergreifend arbeiten. Wenn man sich durch die Preisjahre arbeitet und die Preisträgerinnen und Preisträger dieser Kategorie anschaut, kann man dies nur bestätigen. Schauen Sie selbst in die vergangenen Preisjahre.
Im ersten Jahr der Preiskategorie wurde 2005 „Spiegel Online“ ausgezeichnet, das auch heute vielen Menschen als Informationsquelle dient:
SPIEGEL ONLINE liefert rund um die Uhr aktuelle Nachrichten, Analysen, Hintergrundinformationen, Interviews und Kommentare aus den Ressorts Politik, Wirtschaft, Netzwelt, Panorama, Kultur, Wissenschaft, UniSPIEGEL, Sport, Reise und Auto. Je nach Nachrichtenlage führt das 50-köpfige Redaktionsteam mehr als hundert Updates pro Tag durch. Abgerundet wird das aktuelle Angebot durch verschiedene Themendossiers, das SPIEGEL-ONLINE-Archiv, Service-Elemente wie die aktuellen Schlagzeilen, die Börsenkurse, umfangreiche Datenbanken mit Besprechungen von Büchern, CD-ROMs und Musiktiteln sowie zahlreiche Diskussionsforen.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury begründete die Auszeichnung folgendermaßen:
„SPIEGEL ONLINE erhält den zum ersten Mal verliehenen Spezialpreis des GRIMME ONLINE AWARD. Die Jury hat sich entschieden, das journalistisch geprägte Onlineangebot auszuzeichnen, das seit zehn Jahren wesentlich mit dafür gesorgt hat, dass das Internet zu einem respektierten Medium geworden ist. Mathias Müller von Blumencron wird der Preis stellvertretend für die Redaktion und besonders auch diejenigen Macher verliehen, die SPIEGEL ONLINE über Jahre prägend begleitet haben. SPIEGEL ONLINE bedeutet zehn Jahre Innovation, immer den kleinen Schritt voraus, ohne jemals den Nutzer und Leser aus den Augen zu verlieren. Stets war das Angebot auf der Höhe der Zeit, ohne die Inhalte unter technischen Experimenten zu verdecken.“
Auszug aus Jury-Begründung
2006 folgte dann der Blog „Spreeblick“ in der Rubrik Spezial, welcher ebenfalls weiterhin erreichbar ist und bespielt wird:
Spreeblick versteht sich als Unterhaltungs-, Kultur- und Meinungs-Kanal, als Filter, als offenes Forum und als Gegenpol zur bestehenden Medienlandschaft. Mit stetig zunehmenden Besucherzahlen sieht sich das multimediale Blog als Anlaufstelle für diskussionsfreudige und engagierte Menschen jeden Alters und jeder Herkunft. Neben Rubriken wie „Heute vor einem Jahr“ gibt es einen regelmäßig erscheinenden Videocast mit dem „Star der Sendung“ Toni Mahoni.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury schrieb dazu:
„Das Angebot zeigt, welchen Einfluss vernetzte Kleinstmedien abseits des Mainstream erlangen können. Johnny Haeuslers kritische und zugleich spielerische Auseinandersetzung mit den Geschäftspraktiken des Klingelton-Anbieters „Jamba“ oder der „Du bist Deutschland“- Werbekampagne dürften in die Lehrbücher für Public Relations eingehen. Haeusler pflegt dabei einen besonderen Tonfall. Seine Kritik ist niemals herablassend oder zynisch. Nicht nur den traditionellen Medien, sondern auch seinem eigenen Genre begegnet er mit Distanz und Selbstreflektion. Die „Spreeblick Verlag KG“ war einer der ersten Versuche in Deutschland, ein professionelles Blog-Netzwerk aufzubauen.“
Auszug aus der Jurybegründung
Das Portal Hobnox (leider nicht mehr online verfügbar) erhielt 2008 den Grimme Online Award in der Kategorie Spezial:
Das Unterhaltungsportal „Hobnox.com“ befindet sich noch in der Beta-Phase und zeigt schon jetzt, dass es sich hierbei nicht um eine bloße Konzeptidee handelt. Ziel ist es, digitale Medienkultur zu initiieren und zu fördern und weltweit die Kreativen mit ihren Zielgruppen zu verbinden. In verschiedenen Videochannels werden Konzerte, Interviews, Serien, Reportagen, Nachrichten und Informationen angeboten, webgerecht aufbereitet in einem ganz eigenen Stil. Die Community vernetzt Macher und Fans, um sich auszutauschen oder Partner für Projekte zu finden. Und damit sich die User auch selbst kreativ betätigen können, gibt es bereits Demo-Versionen der „Noxtools“, Werkzeugen zum Erstellen von eigenen Audios und Videos.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury begründete die Auszeichnung so:
„In der neu geschaffenen Kategorie Spezial können innovative und qualitativ herausragende Konzepte für neue Webentwicklungen ausgezeichnet werden. Und das genau ist „Hobnox.com“. Die Idee ist wegweisend: Der Begriff „Multimedia“ ist in Bezug auf „Hobnox.com“ keine Worthülse, sondern hier wird wirklich gezeigt, wie in der Zukunft Angebote für das breitbandige, konvergente Internet aussehen können. Die abwechslungsreiche Mischung aus nichtlinearen Video- und Audioformaten, Blogmodulen und Netzwerkelementen wird in ein redaktionell anspruchsvolles Umfeld eingebettet. Dies und die thematische Fokussierung auf „Musik, Film und urbane Kultur“ dienen als Motivation für Künstler und Medienschaffende, eigene Produktionen in „Hobnox.com“ einfließen zu lassen.“
Auszug aus er Jurybegründung
2009 erhielt der Musikradiosender ByteFM einen Preis für Redaktion und Konzept:
„ByteFM“ ist ein Musikradio mit Anspruch – wie es wahrscheinlich nur im Internet existieren kann. Moderiert und gestaltet von Musikjournalisten, Musikern und Kennern der Szene, unabhängig von Plattenlabels und Werbekunden. Die Musik wird noch von Hand ausgewählt, gespielt werden neue und alte Platten ohne Superhits und Computerrotation, Mitschnitte von Live-Konzerten und exklusive Mixe von lokalen und internationalen DJs. Zusätzlich gibt es Interviews und Hintergrundinformationen über Musik und ihre Macher, Szenen, Bands, Entwicklungen und Zusammenhänge.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury sagte damals:
„I am a DJ, I am what I play“ sang David Bowie, bevor der kommerzielle Umbruch der Radiosender den geschmacksbildenden Radio-DJ durch den chartgesteuerten Computer ersetzte. Dass erst ein neues Medium genau das auferstehen lässt, was viele mit Wehmut an die früher vor dem alten Medium verbrachten Stunden zurückdenken lässt, mag Ironie des Schicksals sein. Doch ist „ByteFM“ kein verklärter Blick in die Vergangenheit, sondern eine von Musikliebhabern für Musikliebhaber gestaltete und betriebene Plattform, die geschickt die Möglichkeiten des neuen Mediums nutzt, die Grenzen des Browsers durchbricht und über mehrere Kanäle hinweg ein stimmiges Erlebnis bietet. Die anspruchsvolle Technik bleibt dabei angenehm im Hintergrund, um dem Musikgenuss mehr Raum zu bieten. Von der Gestaltung der Website über den in einer unaufdringlichen Zusammenarbeit mit Panasonic angebotenen Player bis hin zu den redaktionellen Inhalten wird Qualität geboten, die nun ausgezeichnet wird.
Auszug aus Jurybegründung
2010 erhielt das Format „TINY TALES – Micro Fiction auf Twitter“ den Grimme Online Award Spezial:
TINY TALES ist Literatur im Twitterformat. Mit gerade einmal 140 Zeichen gelingt es Florian Meimberg kurze und trotzdem abgeschlossene Geschichten zu erzählen: „NEUER PLANET ENTDECKT! Die Pressekonferenz der NASA lief weltweit live, als die Putzfrau das Staubkorn von der Teleskoplinse wischte.“ Seit Anfang Oktober 2009 twittert er mehrmals wöchentlich und regt damit die Phantasie seiner zahlreichen Leser an, denn jede der Geschichten lässt sich weiterdenken. Die Ideen, aus denen dann die Minigeschichten entstehen, entnimmt er seinem Alltag, Filmen und Büchern.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury begründete ihre Entscheidung folgendermaßen (in Twitter-Format):
„2009 fragten sich Nominierungskommission und Jury noch, wo das auszeichnungswürdige Nutzungskonzept eines Microblogging-Dienstes bleibt.
Jurybegründung
Zwar waren Twitter, Facebook & Co. die populärsten neuen Webdienste, die technische Innovation war der publizistischen aber weit voraus.
Gedankenfetzen, Nachrichten-Weitergabe, Beschreibung des Abendessens: Kreativität ist nicht unbedingt das Markenzeichen der Twitter-Nutzung.
Dass die Zeichenlimitierung auch inspirierend sein kann, beweist Florian Meimberg mit seinen Kurzgeschichten, 1 pro Tweet mit 140 Zeichen.
Die Einschränkung der Twitter-Plattform wird durch die unerwartete Nutzung zur Stärke, Geschichten im kleinstmöglichen Raum unterzubringen.
Die TINY TALES entfalten sich dabei erst im Kopf, aus den wenigen Zeichen entstehen Gedanken und Bilder, die die Geschichte komplettieren.
Von sarkastisch bis romantisch reicht das Spektrum, mitunter verändert sich die Stimmung auch beim zweiten oder dritten Lesen.
Die TINY TALES sind allerdings keine Einbahnstraße: Der Autor bittet seine Follower um Stichwörter und erstellt daraus neue Geschichten.
Beeindruckt war die Jury sowohl von Florian Meimbergs Idee zu den TINY TALES als auch deren konsequente Umsetzung im deutschen Twitter-Land.
140 Zeichen reichten nicht aus, das Jury-Lob auszudrücken; der Preisträger möge nachsehen, dass die Begründung aus 10 Tweets besteht.“
2011 gab es gleich zwei Auszeichnungen in der Kategorie Spezial und zwar für das „GuttenPlag Wiki“ (wird nicht mehr bearbeitet, steht aber zu dokumentarischen Zwecken weiterhin online zur Verfügung) und das Angebot „Verräterisches Handy: Was Vorratsdaten über uns verraten“ (Link führt zum Bereich Datenschutz/Zeit online):
Im „GuttenPlag Wiki” dokumentierten und diskutierten tausende Freiwillige die Plagiate in der Dissertation des damaligen Bundesministers der Verteidigung, Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg. In kurzer Zeit wurden Quellen für unbelegte Textpassagen gesammelt und wörtlichen Übereinstimmungen sowie kleineren und größeren Abweichungen in den Texten der Doktorarbeit gegenübergestellt. Visualisierung und Dokumentation des Umfangs dieser Plagiate waren sowohl Hintergrund als auch Anlass für intensive Medienberichterstattung und öffentliche Diskussion.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury begründete ihre Entscheidung folgendermaßen:
„Zu einem Zeitpunkt, als große Verwirrung herrschte über die Bewertung der Dissertation von Karl-Theodor zu Guttenberg, schaffte das „GuttenPlag Wiki” Klarheit. In einer bisher ungesehenen Form der Zusammenarbeit prüften Tausende Webnutzer die Doktorarbeit im Einzelnen und deckten Unstimmigkeiten auf. Gefundene Plagiatstellen wurden im Detail den Originaldokumenten gegenübergestellt. Eine Übersicht der aufgefundenen Stellen wurde laufend auf der Hauptseite aktualisiert. Diese Arbeitsweise sorgte in kurzer Zeit für vorzeigbare Resultate.“
Auszug aus der Jurybegründung
Der Politiker Malte Spitz hat sechs Monate seiner bei einem Telefonanbieter gespeicherten Vorratsdaten „ZEIT ONLINE” zur Verfügung gestellt. Auf Basis dieser Daten entstand eine interaktive Karte, auf der die Nutzer alle Aufenthaltsorte, Telefonate und SMS des Politikers nachvollziehen können. Angereichert wurde die Visualisierung mit frei verfügbaren Inhalten aus dem Internet – Tweets oder Blogeinträgen – von Malte Spitz. Die Zusammenstellung der Inhalte verdeutlicht, wie leicht sich mit Hilfe der Vorratsdatenspeicherung ein individuelles Profil anlegen lässt.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury sagte dazu:
„Was die Vorratsdatenspeicherung aber für den Einzelnen bedeutet, wenn die gespeicherten Daten mit den selbst preisgegebenen Datenspuren aus Facebook & Co. zusammengesetzt werden, zeigt die innovative Verknüpfung und Visualisierung solcher Daten in „Verräterisches Handy: Was Vorratsdaten über uns verraten”. Die im Zeitraffer dargestellten und aus mehreren Quellen zusammengesetzten Daten eines halben Jahres im Leben des Grünen-Politikers Malte Spitz bieten eine eindrucksvolle Aufarbeitung des aktuell relevanten Themas. Die Interaktion mit den Daten erlaubt eigene Schlüsse, die von einem Artikel auf „ZEIT ONLINE” begleitet werden. Auch der Download der Daten ist möglich, um eigene Analysen durchführen zu können.“
Auszug aus der Jurybegründung
2012 erhielt „Memory Loops“ den Grimme Online Award:
Das Audiokunstwerk „Memory Loops“ basiert auf historischen Originaltönen von NS-Opfern und Zeitzeugen. 300 deutsche und 175 englische Tonspuren wurden auf einer virtuellen Stadtkarte Münchens verortet. Auf ein Mobiltelefon oder einen mp3-Player geladen kann man sich so mit einer eigenen Trackliste an die Orte des NS-Terrors in München führen lassen. Mit dieser neuen Form des Erinnerns und Gedenkens wird ein zeitgemäßer Zugang zur Thematik des Nationalsozialismus geboten – als virtuelles Denkmal für die Opfer.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury begründetet folgendermaßen:
„Geschichte ist ein Mosaik aus vielen Erinnerungsstücken über große und kleine Ereignisse. „Memory Loops“ gelingt es eindrucksvoll, eine große Fülle an Opfer- und Tätergeschichten darzustellen, die sich in München in der Zeit des Nationalsozialismus ereignet haben.
Auszug aus der Jurybegründung
Einzelschicksale verschwinden hier nicht in der Statistik. Die Alltäglichkeit von Gewalt und Repression erhält durch die neu gesprochenen Tondokumente, ihre stimmige musikalische Untermalung und ihre genaue Verortung auf dem Stadtplan eine beklemmende Nähe und Authentizität. Die Berichte aus erster Hand können einzeln aufgerufen werden, außerdem wurden die biografischen Stücke in fünf längeren Hörspielen verarbeitet.“
Mit „#aufschrei“ erhielt 2013 erstmals ein Hashtag einen Grimme Online Award:
Der Hashtag #aufschrei bündelte in kurzer Zeit all die Berichte über Alltagssexismus, die nach einer Stern-Geschichte über sexistische Aussagen Rainer Brüderles kursierten. Er animierte viele Frauen, ihre Erfahrungen zu erzählen – in kurzer Zeit kamen Tausende von Tweets zusammen. Aus dem Netz wanderte das Thema zurück in die etablierten Medien und in die Politik, eine Wirkung, die zuvor noch kein Hashtag in Deutschland hatte. Die Initiatoren betreiben zum Thema zudem den Twitteraccount „twitter.com/aufschreien“ und die Seite „alltagssexismus.de“.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury schrieb dazu:
„Ein Hashtag ist Träger des Grimme Online Award. Preis- und webhistorisch einzigartig, schafft es damit erstmals ein Diskurs auf das Siegertreppchen. Ausgezeichnet wird eine gesamtgesellschaftlich in aller Breite geführte Diskussion, die im Web mitgezündet wurde, bei Twitter unter dem Hashtag #aufschrei an Dynamik gewann, sämtliche Mediengrenzen übersprang. Und bis heute Menschen in ganz Deutschland (und darüber hinaus) bewegt. Die Gewinner des Grimme Online Award 2013 in der Kategorie Spezial sind folgerichtig viele: All jene Hashtag-Nutzer, die die Problematik des existierenden Alltagssexismus konstruktiv diskutiert haben. Die damit neue Blickwinkel und Handlungsoptionen eröffnet haben – online wie offline, im Web, im TV, in Printmedien, im Klassenzimmer, in der Familie, in der Kneipe, am Arbeitsplatz.“
Auszug aus der Jurybegründung
2014 gab es erneut zwei Preisträger und zwar „netzpolitik.org“ und „Pop auf’m Dorf„:
Nach den Enthüllungen Edward Snowdens ist der Themenkomplex um Überwachung, Telekommunikationsgesetze und digitale Rechte noch wichtiger geworden. „netzpolitik.org“ macht diese Themen einer breiten Öffentlichkeit bekannt, erklärt sie und leistet Lobbyarbeit für digitale Bürgerrechte und ihre politische Umsetzung. Rund 30 Autoren liefern Berichte und Kommentare, produzieren Videos und Podcasts. Initiator Markus Beckedahl betreibt das Blog seit 10 Jahren und ist auch darüber hinaus Gesicht und Stimme netzpolitischer Aktivitäten in Deutschland.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury begründete folgendermaßen:
„netzpolitik.org“ ist es gelungen, ein Sammelbecken für jene Opposition zu sein, die nicht hinnehmen will, dass das freie Netz zerstört oder zumindest eingeschränkt wird. Zusammen mit einer stetig wachsenden Community schafft es das mittlerweile auf 30 Autoren angewachsene Team, digitale Themenfelder zu besetzen, um so auch eine Anlaufstelle für die klassischen Medien zu werden. „netzpolitik.org“ gehörte zu den ersten deutschsprachigen Publikationen, die davor warnten, dass die Ereignisse im Netz auch eine Auswirkung auf das reale Leben haben würden. Überwachung, Datenschutz und Netzneutralität sind bis heute die Themen, die die Website und ihre Community antreiben – nach den Snowden-Enthüllungen mit noch größerer Resonanz in der breiten Bevölkerung. Der Umfang und die Aktualität der Berichterstattung sind bemerkenswert, ebenso die Tatsache, dass die Arbeit des Teams nicht an den Grenzen Deutschlands zu Ende ist.
Auszug aus der Jurybegründung
Das „Haldern Pop Festival“ findet alljährlich in einem kleinen Ort am Niederrhein statt. Neben noch unbekannten Bands treten dort auch Stars auf – wegen der intimen Atmosphäre. Die fangen die Macher der Reportage „Pop auf’m Dorf“ in Audios, Videos, Fotos und Texten ein und vermitteln das Gefühl, selbst dabei zu sein. Im neuen Reportage-Tool des WDR, das unter einer freien Software-Lizenz veröffentlicht wurde, erläutern sie aber auch die Geschichte des Festivals, stellen den Aufbau im Zeitraffer dar und zeigen, dass „Haldern Pop“ nicht größer werden sollte.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury schrieb dazu:
„Am glücklichsten sind die Besitzer schöner Erlebnisse, weiß die Psychologie. Wer sein Geld in ein Konzert seiner Lieblingsband investiert, profitiert davon deutlich mehr, als von einem neuen Kleidungsstück. Andere Menschen an Ereignissen teilhaben zu lassen, so dass ein Gefühl des Miterlebens entsteht, ist eine Herausforderung, die vom WDR mit der multimedialen Online-Reportage „Pop auf’m Dorf“ in außergewöhnlicher Weise sowohl technisch als auch inhaltlich gemeistert wird.“
Auszug aus der Jurybegründung
2016 erhielten „Barbara.“ und das „Interaktiv-Team der Berliner Morgenpost“ (Link führt zur Berliner Morgenpost, die Rubrik interaktiv gibt es weiterhin) den Grimme Online Award:
Barbara. hinterlässt Spuren. Spuren im öffentlichen Raum, an Reklame, Graffiti oder auch Verkehrsschildern. Spuren vor allem aber auch bei Facebook.
Ihre kleinen, witzigen Botschaften, unterzeichnet mit „Barbara.“, gehen viral. Von ihr selbst: keine Spur. Wer sich hinter dem Namen verbirgt bleibt offen. Fest steht, dass Barbara. mit Kreativität und Sprachwitz gegen Hass, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Verbote vorgeht und für eine tolerante und weltoffene Gesellschaft einsteht. Denn: „Das Kleben ist schön.“
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury begründete die Preisvergabe folgendermaßen:
„Barbara. nutzt die Aufmerksamkeit nicht für zügellose Meinungsmache, wie es besonders im Netz leider oft gang und gäbe ist, sondern für eine gelungen ironische und konstruktive Kritik. Dank ihrer Kreativität und ihrem Wortwitz sehen wir Schilder und Plakate mit anderen Augen, erkennen selbst in bürokratischen Anweisungen eine politische Dimension, die uns zum Grübeln bringt und uns fragen lässt, wie wir das Zusammenleben in der Gesellschaft gestalten wollen. So zielt ihre Intervention gerne auf sinnfreie oder harsche Verbote, bevormundende Werbung und hohle politische Aussagen im öffentlichen Raum ab. Und sie führt diese mit einfachen aber wirkungsvollen Mitteln ad absurdum.“
Auszug aus der Jurybegründung
Woher kommen die Flüchtlinge? Wie laut ist es vor meiner Haustür? Wie pünktlich ist der Nahverkehr? Alles Fragen, die sich bestens mit interaktiven Grafiken, Karten, Anwendungen oder auch Storytelling-Formaten beantworten lassen.
Das sechsköpfige Interaktiv-Team der Berliner Morgenpost experimentiert mit immer neuen Darstellungs- und Erzählformen. So demonstrieren sie, wie sich auch aus Statistiken und Zahlen Geschichten erzählen und neue Perspektiven auf die Umgebung gewinnen lassen.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury sagte dazu:
„Die Leser werden unmittelbar einbezogen, etwa wenn sie im „Zugezogenen-Atlas“ nachschauen können, wie viele Berliner aus derselben Heimatgemeinde stammen wie sie. Oder wenn sie vor dem Hintergrund des Fahrrad-Volksentscheids in die Lage versetzt werden, schnell mal zu überprüfen, wie viel Prozent der von ihnen genutzten Straßen tatsächlich mit einem Radweg ausgestattet sind. Auch wie laut ihr Viertel im Vergleich zu anderen ist, in welchem Bezirk wie oft umgezogen wird, wie an jedem Tag im Jahr der Himmel über Berlin ausgesehen hat, wie dramatisch sich die Stadt architektonisch verändert: Das Interaktiv-Team wertet die Datengrundlage aus und visualisiert sie in leicht zugänglicher, immer wieder neu anregender Weise.“
Auszug aus der Jurybegründung
Erneut zwei Preise in der Kategorie Spezial gab es 2017 für „#ichbinhier“ und die „Resi-App“ (wurde 2018 eingestellt):
Hass und Ressentiments in Online-Medien sind genauso ein Dauerthema wie die Suche nach Wegen, dem zu begegnen. Ausgehend von einer geschlossenen Facebook-Gruppe mit rund 35.000 Mitgliedern wird unter dem Hashtag #ichbinhier mit gezielter Gegenrede und Argumentation versucht, das Diskussionsklima auf Facebook-Seiten von Medienangeboten zu verbessern. Mit Aktionen in Threads, in denen Wortwahl und Inhalte abzugleiten drohen, steuern die Hashtag-Nutzer gegen, wenn es verletzend wird.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
„Wer in den sozialen Medien unterwegs ist, stößt unweigerlich auf persönliche Angriffe und menschenverachtende Kommentare – oder wird selbst zum Opfer hasserfüllter Postings. Bisher schienen alle Versuche, das zu stoppen, schon an der schieren Masse zu scheitern. Und so fühlten sich viele allein gelassen mit der Hetze, die zudem oft organisiert über sie hereinbricht. Eine Folge davon: Die meisten Betroffenen und Beobachter ziehen sich verängstigt oder verärgert zurück und überlassen den Hetzern das Feld. Doch jetzt wird eine Idee zur gesellschaftlichen Bewegung – und zur Hoffnung auf eine bessere Diskussionskultur in den sozialen Medien: #ichbinhier hält dagegen. Gezielt durchsuchen die Moderatoren von #ichbinhier das Netz nach diskriminierenden, beleidigenden oder bedrohlichen Kommentaren und rufen die Mitglieder ihrer geschlossenen, aber ständig wachsenden Facebook-Gruppe zum Counterspeech in konkreten Fällen auf.“
Auszug aus der Jurybegründung
Nachrichten per Chat? Bekommt man von seinen Freunden. Oder von der „Resi“-App. Sie bringt die wichtigsten News des Tages im Häppchen-Format auf Handy oder Desktop. Wie viel der Nutzer von jeder Nachricht erfahren möchte, entscheidet er selbst: Schon nach dem ersten Anreißer kann man zu einem anderen Thema wechseln oder sich bis zu einem weiterführenden Link informieren lassen. Die App benachrichtigt zusätzlich mit Push-Mitteilungen, ist personalisierbar und lockert das Informationsangebot mit GIFs auf.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury sagte dazu:
„Das Thema Chatbots übt derzeit auf die Medienbranche eine große Faszination aus. Viele Anbieter experimentieren mit Bots auf Plattformen wie Facebook, die aber kaum über den Status einer vermeintlich intelligenten Linkschleuder hinausgehen. Die Nachrichten-App „Resi“ sticht aus diesen noch jungen Angeboten deutlich hervor. Gründer Martin Hoffmann und sein Team setzen im diesjährigen Bewerberfeld überdurchschnittliche Akzente im Bereich publizistischer Apps und überraschen mit Journalismus in Dialogform. Die Resi-App verpackt die Nachrichten in zielgruppengerechte Dialoge, die bei den Nutzern ankommen – und auf Quellen in unterschiedlichen Medien verweisen. Das Tempo und die Qualität des Startups hält mit den großen Redaktionen von Verlagen oder öffentlich-rechtlichen Sendern mit.“
Auszug aus der Jurybegründung
„Deutschland spricht“ und „Raul Krauthausen für persönliche Leistung“ (Informationen zur Person) erhielten 2018 den Grimme Online Award:
Wir reden zu wenig miteinander. Zumindest außerhalb unserer Filterblase. Dem hat „Zeit Online“ mit dem aufwendigen Projekt „Deutschland spricht“ aus dem Ressort #D17 abgeholfen. Vor der Bundestagswahl wurden mittels eines Algorithmus unbekannte Paare für einen Diskurs zusammengebracht. Die Teilnehmer beantworteten vorab fünf Fragen und wurden mit einem möglichst kontroversen Gegenstück aus der Nähe gematcht. Anschließende Offlinetreffen wurden zum Teil begleitet und Artikel darüber im Web publiziert.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury schrieb dazu:
Insgesamt beweist das Experiment, dass das Gespräch mit Andersdenkenden zwar Mut erfordert, aber möglich und oft auch fruchtbar ist. Und es regt auch den Leser an, selbst dieses Gespräch zu suchen. Ein Journalismus, der so der Polarisierung entgegenwirkt und den gegenseitigen Respekt politischer Gegner voranbringt, dient nach Ansicht der Jury im besten Sinne der Demokratie: Nicht nur durch die klassischen Aufgaben von Information, Kritik und Kontrolle, sondern durch die Bereitstellung einer exemplarischen Plattform für einen offenen, zivilgesellschaftlichen Diskurs.
Auszug aus der Jurybegründung
Das Internet, so scheint es, ist das Habitat des Aktivisten Raul Krauthausen: Er bloggt über Inklusion, ist auf Twitter im direkten Dialog, gibt auf Facebook Tipps und der von ihm gegründete Verein „Sozialhelden“ realisiert Webangebote zum Thema Behinderung. Oft trägt Krauthausen seine Themen mit Partnern an neue Personenkreise heran, so zum Beispiel bei der Facebook-Serie zur Bundestagswahl „re:sponsive“, im Projekt „Blickwechsel“ des ZDF oder in der Talkshow „KRAUTHAUSEN – face to face“.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury sagte dazu:
„Wenn eine Jury bei einem Online-Preis eine persönliche Leistung auszeichnet, so kann sie keine URL nennen, auf die sie sich alleine bei ihrer Entscheidung bezieht. Und das ist auch der Fall bei dem diesjährigen Preis in der Kategorie Spezial: Raul Krauthausen erhält den Grimme Online Award nicht für ein einzelnes Online-Angebot. Vielmehr würdigt die Jury sein unermüdliches Engagement als Inklusions-Aktivist, der Initiativen wie die „Sozialhelden“ oder Websites wie wheelmap.org auf den Weg gebracht hat und der auf Twitter und Facebook bemerkenswert sichtbar den Dialog zu Aspekten der Inklusion führt.“
Auszug aus der Jurybegründung
2019 erhielt die „TINCON“ (findet auch 2024 statt, Informationen sind online verfügbar) den Grimme Online Award in der Rubrik Spezial:
Die „Teenageinternetwork Convention“ TINCON gibt seit 2016 der jungen Generation zwischen 13 und 21 Jahren einen Diskursraum, die Themen ihrer digitalen Lebenswirklichkeit und Zukunft auch offline zu vertreten. Das Programm der Veranstaltungen wird von Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst geplant und hat einen starken Fokus auf gesellschaftlich relevante Themen aus YouTube, Instagram oder Gaming. Die Konferenzinhalte werden im Anschluss auf der Website als Videos veröffentlicht und so für alle zugänglich.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury schrieb hierzu:
„Tanja und Johnny Haeusler, selbst internetaffin und Eltern digitalisierten Nachwuchses, haben den jungen Leuten dauerhaft Raum geschaffen, sich miteinander über solche Themen auseinanderzusetzen und voneinander zu lernen. Mehr noch, sie haben den
Auszug aus der Jurybegründung
Nachwuchs mit diesem Projekt erfolgreich in den öffentlichen Raum gestellt und so Konzept und Ereignis selbst zur publizistischen Plattform gemacht. Die Jury honoriert die TINCON als ein überfälliges Schaufenster für die alles entscheidende Perspektive der Jugendlichen. Denn diese werden auch zukünftig mit dem leben müssen, was heute noch – im positiven wie negativen Sinne – Vision ist.“
Der YouTube-Clip „Die Zerstörung der CDU“ von Rezo erhielt 2020 viel Aufmerksamkeit und einen Grimme Online Award:
Schlagartig wurde im Mai 2019 Politiker*innen und Journalist*innen die Relevanz von YouTube klar. Auslöser war das Video „Die Zerstörung der CDU“, in dem Rezo mit einem 13-seitigen Quellenverzeichnis die Politik von CDU, CSU, SPD und AfD kritisierte. Mit diesem inzwischen über 17 Millionen Mal geklickten Video führte Rezo politische Themen und Kenntnisse zur Quellenrecherche an eine junge Zielgruppe heran. Gleichzeitig löste er eine intensive Debatte in politischen sowie journalistischen Kreisen aus.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury begründete die Preisvergabe folgendermaßen:
„Der eigentliche Wert der „Zerstörung der CDU“ besteht in der hochfrequenten Rezeption über alle Medienkanäle und Generationen hinweg. Ausgelöst durch dieses Video wurde intensiv wie selten zuvor über Vortrag und Wirkung der regierenden Politik, aber auch der Medien diskutiert. Rezo selbst beteiligte sich daran und reagierte durchaus besonnen auf Kritik an der emotionalisierenden Form seines Auftritts. Eine Intervention aus dem vermeintlich unpolitischen Off mit Langzeitwirkung, die mehr aufbaut als zerstört.“
Auszug aus der Jurybegründung
2021 folgten erneut zwei Preisträger – „dekoder Specials“ und „Die beste Instanz„:
Wie eine Spielwiese für Netz-Formate wirken die Specials von „dekoder.org“. Egal, ob es um Proteste in Belarus oder Russland geht, das russische Dampfbad Banja oder darum, was Putin in den vergangenen 20 Jahren gesagt hat: Wissenschaftler*innen, Journalist*innen, Webdesigner*innen und Programmierer*innen arbeiten gemeinsam an den Themen-Specials. Dabei entstehen interessante datenjournalistische Auswertungen sowie anmutige Geschichten an der Schnittstelle von Wissenschaft und Journalismus.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury schrieb dazu:
„Mit dem zeitgemäßen Einsatz dynamischer Inhalte und ihrer Experimentierfreude zeigen die „dekoder Specials“ vorbildlich die webspezifischen Möglichkeiten journalistischen Arbeitens auf. Sie schaffen es damit, Themen spannend und nachhaltig näher zu bringen. Dabei kombinieren sie redaktionelle Professionalität mit abwechslungsreichen Formen der Datenvisualisierung. Das interaktive Design bietet ein individuelles Nutzungserlebnis und animiert dazu, die Dossiers durchzuklicken und zu entdecken. Gleichzeitig laden die journalistischen und wissenschaftlichen Perspektiven dazu ein, sich eine fundierte Meinung über Russland zu bilden. Die „dekoder Specials“ zeigen damit auf, wie vielfältig guter Online-Journalismus aussehen kann.“
Auszug aus der Jurybegründung
In der WDR-Sendung „Die letzte Instanz“ diskutierte eine rein weiß besetzte Prominentenrunde ohne jede Sachkenntnis unter anderem über Rassismus. Als Reaktion darauf initiierte, moderierte und finanzierte die Comedienne Enissa Amani ein eigenes Talk-Panel auf ihrem YouTube-Kanal. Mit fünf Gäst*innen, allesamt Expert*innen zu Themen wie Rassismus, Antisemitismus oder Antiziganismus diskutierte sie fundiert und sachlich Probleme wie Lösungen und kann so Vorbild sein für erkenntnisreichere Fernseh-Talkshows.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury begründete so:
„Vor allem aber ist „Die beste Instanz“ ein Beispiel für das demokratisierende Potential des Internets, das nicht nur durch Kritik an bestehenden Formaten, sondern auch durch das Schaffen alternativer Räume und Gegenangebote nachhaltig wirken kann. Sie offenbart also nicht nur Missstände in der Medienlandschaft, sondern auch, wie leicht sie vermeidbar wären, wenn ein entsprechender Wille bestünde. Eine unmittelbare, starke, konstruktive Intervention für eine gerechtere Gesellschaft und Zukunft.“
Auszug aus der Jurybegründung
2022 erhielt „CORRECTIV.Lokal“ einen Grimme Online Award:
Aufwändige Datenrecherchen und investigative Themenschwerpunkte sind im Lokalen normalerweise nicht möglich. „CORRECTIV.Lokal“ unterstützt mit Tools, Expertise und Themen. In dem Verbund von über 1.200 Lokaljournalist*innen sind schon Recherchen zu Parteispenden, Schwarzgeld im Amateurfußball und zu Klima-Themen entstanden, mit hunderten Berichten in Lokalmedien. Daneben finden Vernetzung, Wissensaustausch und Fortbildung statt – so stärkt das Netzwerk den für die Gesellschaft so relevanten Lokaljournalismus.
(aus der GOA-Projektbeschreibung)
Die Jury schrieb dazu:
„Das Projekt wird durch die Rudolf-Augstein-Stiftung gefördert, die Mitgliedschaft ist kostenlos. Es fußt auf der Idee, dass gemeinsame Recherchen mehr bewirken können als redaktionelles Einzelkämpfertum. In den Augen der Jury ist es eine preiswürdige Reaktion auf die Krise des Lokaljournalismus, der investigative Recherchen und komplexe datenjournalistische Aufbereitungen nur selten allein stemmen kann.“
Auszug aus der Jurybegründung