SCD 2013 – Workshop 3: Netzneutralität mit Severin Sperzel
Der dritte Workshop befasste sich mit den Funktionen und dem Nutzen der Netzneutralität. Severin Sperzel eröffnete den Workshop, indem er den Begriff Netzneutralität definierte. Laut Sperzel geht es hauptsächlich darum, dass bei effektiver Netzneutralität Daten in Form von Paketen neutral transportiert werden. Das primäre Ziel sei, die Daten so effizient und zeitnah wie möglich von A nach B (end-to-end) ohne Bevorzugung zu transportieren. Im Anschluss griff Sperzel den Nutzen auf. Netzneutralität sei ein Raum der Teilhabe und die Chance auf eine kommunikative Teilnahmegleichheit im Internet. Diesbezüglich griff Severin Sperzel die Rolle des Internet auf und stellte die Kernfrage, ob das Internet ein öffentliches Gut oder ein kommerzieller Dienst ist. Hierbei griff er auf ein Statement von Angela Merkel bezüglich Netzneutralität zurück. Sperzel kommentierte die Aussagen kritisch und verwies darauf, dass das Thema viel komplexer sei als von den meisten angenommen. Zusätzlich griff Sperzel auf die Beispiele VoIP und Spotify zurück, welche im regelmäßigen Clinch mit der Telekom und Vodafone liegen aufgrund der Nutzungsbestimmungen und der bestehenden nationalen Volumentarife.
Im weiteren Verlauf stellte Sperzel die Teilnehmer vor ein Gedankenexperiment. Aufgrund der aktuellen Debatten griff er das Beispiel der Netz-Drosselung auf und argumentierte aus eigener Sicht. Seiner Meinung nach sei die bevorstehende Drosselung vielmehr ein Rückschritt aus dem Status quo als eine Veränderung, die wirklich gebraucht werde. Als Alternative präsentierte Severin Sperzel die „Integrated Management Services“, bei denen der Provider doppelt verdiene, sowohl durch gedrosselte als auch ungedrosselte Dienste. Durch die künstliche Verknappung könne somit ein völlig neues, für den Kunden gefährliches Geschäftsmodel entwickelt werden. Durch die Einführung der „Managed Services“ (Telekom) sei laut Sperzel vielmehr die Zwei-Klassen-Gesellschaft des Internets nur eine Frage der Zeit. Er präsentierte im Anschluss ein „sehr fragliches“ Promotionsvideo der Telekom, in dem die Managed Services dem Nutzer erklärt werden sollen. Der Saal reagierte mit Gelächter und quittierte das Video mit kritischen Kommentaren.
Aufgrund des Videos entwickelte sich eine dynamische Grundsatzdebatte um die Hauptressource des Internets und eine eventuelle Verknappung. Laut Sperzel sei jedoch viel mehr Luft nach oben, als es die meisten Unternehmen zugeben. Dies sei sehr zweifelhaft, jedoch auch einigermaßen verständlich, da es hierbei um die Erwirtschaftung von Umsatz und Profit am Ende des Tages ginge. Als Hauptkritikpunkt nannte Sperzel, dass der „Best-Effort“ des Internets durch diesen Ansatz total zerschlagen werde. Internetanbieter würden durch „Managed Services“ vielmehr zu Gatekeepern, die aktive Markteintrittshürden setzen könnten. Folglich würden die Teilhabe und Innovation an finanzielle Mittel gekoppelt und Surfpakete in den Mittelpunkt gerückt, anstatt das Internet weiterhin als Medium zu nutzen. In Folge dessen könne es zu einer komplett neuen Infrastruktur des Internets und der digitalen Medien kommen, bei der am Ende nur die bereits heutigen Wirtschaftsriesen überleben.
Gegen Ende des Workshops appellierte Sperzel an die Vernunft der Unternehmen, insbesondere an die Telekom. Eine Drosselung sei das genaue Gegenteil von Netzneutralität und könne die Menschen vor Probleme und die Infrastruktur des Internets auf den Kopf stellen. Daher seien Regulierungsbestrebungen seiner Meinung nach die einzig richtige Lösung. Eine Petition zur Netzneutralitätsverordnung sei unausweichlich und müsse sowohl vom Bundesrat und Bundestag beschlossen werden. Netzneutralität sei jedoch nicht nur ein Thema auf nationaler Ebene, sondern auch ein Thema der europäischen Union. Laut Sperzel sei dies ein essentiell wichtiger Punkt, welcher je nach Entscheidung auch das Handeln der Bundesregierung beeinflussen könne.
Zum Schluss fasste Severin Sperzel seine zuvor genannten Punkte tabellarisch zusammen und erneuerte seine Stellung bezüglich einer aktiven Netzneutralitätspolitik in Deutschland.
Fabio Krause, Cologne Business School
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