Keynote von Markus Beckedahl | netzpolitik.org
Markus Beckedahl sieht folgende Themen zur Freiheit im Netz:
1. Die Störerhaftung ist eine „sehr deutsche Sache“. Offene Hotspots gibt es weltweit. Schuld daran ist ein Urteil des BGH aus dem Jahr 2010. Dies macht den Bereitsteller eines offenen WLANs zivilrechtlich haftbar. Aus diesem Grund öffnet keiner mehr sein WLAN für die Nutzung durch Dritte. Warum ist es eigentlich legal, im analogen Leben Briefe anonym zu versenden, warum ist es legal, analog anonym zu kommunizieren?
Warum brauchen wir eigentlich offene WLANs? Wir leben in einem Land, wo außerhalb der Ballungsräume Internet Mangelware ist. Freifunk ist der Begriff, Menschen einen Basiszugang zum Internet zu ermöglichen. Natürlich ist es nicht möglich, einfach eine Antenne auf dem Dach zu installieren, allein schon der Stromanschluss gestaltet sich schwierig. Wie schaffen wir es, unabhängige Infrastrukturen bis 2020 zu schaffen? Das Problem ist, dass 90% der Infrastrukturen in privater Hand liegen. Wir haben ein Problem mit privaten Öffentlichkeiten, etwa mit amerikanischen Global Players, bei denen nicht unsere Grundrechte gelten, sondern die allgemeinen Geschäftsbedingungen. Schaffen wir es, freie offene dezentrale Alternativen zu fördern, bei denen unsere Grundrechte mehr gelten als die Geschäftsbedingungen von Facebook, Google und Co.?
2. Netzneutralität: Ist immer recht komplex. Die Netzneutralität war das Grundkonzept des Internet, das die UR-Nerds vor 20 Jahren geschaffen haben. Erst seit einigen Jahren gibt es Technologien (neudeutsch Netzwerk-Management), die kontrollieren wollen, was in ihren Netzen transportiert wird. Bereits jetzt haben 20% aller kabelgebundenen und 50% aller mobilen Internetzugänge ein Problem mit Netzneutralität. Wir wenden einen Taschenspielertrick an: Wir wollen den Breitbandausbau. Politik sagt, wir haben kein Geld, aber wir schenken euch Regulierungsregler.
3. Totalüberwachung: Schon vor Edward Snowden war vielen klar, wir leben in Totalüberwachung – uns wollte nur keiner zuhören. Wir haben es mit einem kalkulierten Grundrechtbruch zu tun, was keinen interessiert, weil aus Gründen der Staatsraison darüber hinweg gesehen wird. Aus Angst kommunizieren mehr Menschen immer weniger. Es ist vollkommen absurd, dass die Snowden-Enthüllungen von hiesigen Geheimdiensten als Machbarkeitsstudie gesehen werden. Wo sind die Programme, die es uns ermöglichen, mit unseren Eltern zu kommunizieren – und zwar anonym! Hier hätte der Staat mit relativ geringem Aufwand die Möglichkeit, die vorhandenen Open Source-Lösungen einfacher zu gestalten, so dass sie jeder nutzen kann. Es macht mir große Sorgen, dass alles so weiter geht, als ob nichts geschehen sei – Business as usual.
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