Workshop 3: „Hatespeech und Fake News“
mit Judith Kirberger / Grimme-Akademie
„Ein Hoch auf die Geburtsmaschinen“ – Hass 4.0
Vergewaltigungsandrohungen, Anfeindungen und Beleidigungen. All das bekam Judith Kirberger als Reaktion auf ihren Kommentar zu einem BILD-Post zu angeblich steigenden Geburtenraten in Deutschland zu spüren. Importierte Geburtsmaschinen sollte keine Bezeichnung für Frauen sein. Daraufhin fasste der Shitstorm sie ins Auge.
Was passiert, wenn man sich online gegen Hater, also Täter, stellt? Das musste Judith Kirberger am eigenen Leib erfahren. Hass, Drohungen und eine stille Bild-Redaktion, die Hate Speech freien Lauf lässt. Das muss sich ändern, mehr noch, dagegen muss aktiv gearbeitet werden. Wie das geht, erklärt Kirberger in ihrem Workshop zu Hate Speech und Fake News im Netz. Zu Beginn sind die Workshop-Teilnehmer/Innen gefragt. Sie sollen diskutieren, welche Unterschiede zwischen Online und Offline Hate Speech bestehen, wieso Menschen Hass im Netz verbreiten und warum wir überhaupt über Hate Speech reden müssen.
Judith Kirberger fragt die Teilnehmer/Innen, “Welche Form von Hass ist schlimmer für das Opfer?“ Ein Teilnehmer: „Meine Meinung ist, dass Online Hate Speech schlimmer ist, da es anonym ist“. Diese Anonymität führt dazu, dass die Distanzierungsmöglichkeiten online oft besser sind als offline (insbesondere wenn es aus dem engeren Umfeld kommt). Eine weitere Stimme: „Außerdem hast du keine Macht darüber, keinen Einfluss.“ Judith Kirberger fasst zusammen, Hate Speech ist gruppenbezogener Hass. Hass, der sich gegen Minderheiten richtet und außer Acht lässt, ob sich das Opfer mit der angefeindeten Minderheit überhaupt identifiziert.
Zur zweiten Frage haben die Teilnehmer/Innen folgende Gründe zusammengetragen: Menschen verbreiten Hass im Netz aus Zerstörungslust, weil sie so ein Werkzeug erhalten, um Meinungshoheit zu erlangen, oder um sich ihre Meinung bestätigen zu lassen. Außerdem ist die Hemmschwelle online geringer und die Aufmerksamkeit hoch. Judith Kirberger ergänzt, Hass wird verbreitet, weil es den Hatern Spaß macht, eine Gruppenzugehörigkeit entsteht, Menschen ihrer Wut Luft machen wollen und eine subjektive Überlegenheit hergestellt werden soll.
Warum wir über Hatespeech sprechen müssen: Sind Beleidigungen, wie im Fall Künast, eine Meinungsäußerung? Das verspricht die Rechtslage in Deutschland. Dass die Realität anders aussieht, bekommen Politiker/innen und diverse Opfer von Hatespeech zu spüren – unter dem Deckmantel des deutschen Rechtssystems. Jede Person, die möchte, bekommt eine Plattform und kann diese quasi ungefiltert nutzen. Hate Speech ist eine allgegenwärtige Lebensrealität. Wir alle nutzen das Internet und es beeinflusst uns nachhaltig. Es ist nicht nur eine Online-Realität, sondern auch offline präsent, das wissen aber nicht alle und deswegen müssen wir uns aus unserer aufgeklärten Blase begeben und auch die erreichen, die über die Mechanismen von Hate Speech nicht Bescheid wissen.
Ein Teilnehmer meint, „Dass Hate Speech nicht in Ordnung ist, das wissen wir. Wir müssen uns jetzt darüber unterhalten, welche Tools wir haben, um darauf zu reagieren.“ Diese Tools (wie Debatoo oder COnversario) teilen die Teilnehmer/Innen miteinander. Es gibt hilfreiche Netzwerke wie #ichbinhier oder Tipps, wie man eine positive Community bilden kann. Am Ende steht fest, es gibt viele Wege, um gegen Hate Speech anzugehen. Diese müssen verbreitet und angewandt werden.
Von Marie von Lobenstein und Pia Grundmann