Die schlechten Seiten der DDR
Wenn über die DDR berichtet wird, dann sind meist die Wende und die Wiedervereinigung das Thema – das Happy End nach 40 Jahren Unrechtsstaat. Das, was davor war, dass Menschen in und unter dem Staat gelitten haben, wird seltener thematisiert. Das mag auch damit zusammenhängen, dass auch über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung für viele Menschen eine Aufarbeitung emotional, psychologisch oder sogar rechtlich schwierig ist.
30 Jahre vereintes Deutschland bedeutet aber auch, dass es notwendig ist, die Stimmen der Betroffenen zu archivieren, denn mit fortschreitender Zeit werden die Zeitzeug*innen weniger. Dabei sind Berichte aus erster Hand das eindrücklichste Mittel, die Erfahrungen an kommende Generationen weiterzugeben. So ist es unter anderem bei „Der Hoheneck Komplex“, einem aufwendig gestalteten Crossmedia-Projekt, das 2021 für den Grimme Online Award nominiert war. Hier erzählen fünf frühere politische Gefangene von ihrer Zeit auf der Burg Hoheneck, dem größten und berüchtigtsten Frauengefängnis der DDR. Ihre Berichte sind eingebunden in eine Scrolldoku mit den Hintergründen und in eine 360°-Ansicht der einzelnen Räume, die sich auch mit einer VR-Brille erkunden lassen. So macht das Projekt interaktiv und atmosphärisch dicht ein dunkles Kapitel der DDR erfahrbar.
Für die Aufarbeitung der Vergangenheit zuständig war lange Jahre der Bundesbeauftragte (oder zwischendrin auch die Bundesbeauftragte) für die Stasi-Unterlagen – immer noch besser bekannt als „Gauck-Behörde“. Im Juni 2021 ist das Stasi-Unterlagen-Archiv Teil des Bundesarchivs geworden, nach wie vor stehen die Akten aber zur Einsicht zur Verfügung. Doch auch im Internet stellt das Archiv Informationen über die Arbeit der Stasi bereit – und über das, was in den Akten steckt. Thematische Dossiers zu Wirtschaft, Jugendkultur, Spionage und vielen weiteren Schwerpunkten unterteilen sich weiter in ausführliche Berichte zu Ereignissen und Personen. Die faktenbasierte und detailreiche Schilderung wird unterstützt von Faksimiles der zugehörigen Aktenstücke, Bildmaterial und sogar Videos. So erschließt sich aus den Kilometern von Ordnern die Sicht der Stasi auf bekannte historische Ereignisse und es wird deutlich, mit welchen Methoden der Geheimdienst der DDR gearbeitet hat.
Einen ähnlichen Inhalt hat der Podcast „111 Kilometer Akten“, auch vom Stasi-Unterlagen-Archiv. Der Podcast erscheint zwei Mal im Monat und ist oft an aktuellen Forschungsergebnissen, Veröffentlichungen oder Veranstaltungen orientiert. Hier werden historische Begebenheiten im Gespräch mit den Experten erläutert, genauso kommen aber auch Zeitzeuginnen zu Wort oder Nachfahren von Stasi-Opfern und -Tätern. Einen tieferen Einblick in die Arbeit des Stasi-Unterlagen-Archivs geben die Gespräche mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aus ihren jeweiligen Spezialgebieten berichten.
Gibt es weitere Angebote, die sich mit Stasi-Unterlagen, Stasi-Tätern und -Opfern in der DDR beschäftigen? Sag es uns. Via Twitter, Instagram, Facebook oder einfach per E-Mail.