Der Blick in die Geschichte – Zeitgeschichte international / Teil 3: Arabischer Frühling. Wasser im Irak. Wirtschaft in Afrika.

Veröffentlicht von lw am

Storylines aus Afrika oder den arabischen Ländern finden ihren Weg nicht ganz so häufig in den Wettbewerb des Grimme Online Award wie Projekte, die sich mit Themen aus der „westlichen“ Welt beschäftigen. In Teil 3 der Serie „Zeitgeschichte: international“ wollen wir aber nun einen Blick in Länder nach dem arabischen Frühling 2011, auf das Leben von Jesidinnen und Jesiden im Irak und die Wirtschaft in afrikanischen Staaten werfen.


„Arabellion: Was vom Arabischen Frühling bleibt“ (Tunesien, Libyen, Ägypten, Jordanien)

Website „Arabellion: Was vom Frühling bleibt“

Über zehn Jahre ist der arabische Frühling mittlerweile her. 2013, zwei Jahre nach den Revolutionen in arabischen Staaten reiste der Journalist Dietmar Telser durch Tunesien, Libyen, Ägypten und Jordanien. Die Rhein-Zeitung veröffentlichte seine Geschichten über die Hoffnungen und Träume der Menschen in den Regionen als Web-Reportage „Arabellion: Was vom Arabischen Frühling bleibt“, die 2014 für den Grimme Online Award nominiert wurde.

„Sein Ziel: Herausfinden, was vom Frühling geblieben ist. Schnell bekam die Webreportage den eigenen Hashtag #rheinfall – eine Anspielung auf die Blaupause aller Webreportagen: das Snowfall-Projekt der New York Times. Mit dem kann die deutsche Regionalzeitung aus Koblenz durchaus mithalten.  

(aus der GOA-Projektbeschreibung 2014)

Als Ausgangspunkt der Reportagen wurden Aufnahmen genutzt, die während der Revolution entstanden sind.

„Die Aufnahmen stammen von Fotografen der Deutschen Presse-Agentur und sind in den vergangenen zwei Jahren in der Rhein-Zeitung erschienen. Die Spurensuche beginnt an den Entstehungsorten dieser Bilder: am früheren Platz des 7. November in Tunis, am ehemaligen Palast Gaddafis in Tripolis, am Tahrir-Platz in Kairo und vor der syrischen Botschaft in Amman.“

(aus „Arabellion: Was vom Arabischen Frühling bleibt“)

Die Aktivistin Nancy Omar setzt sich in Ägypten zum Beispiel für die Rechte von Frauen und Mädchen und mit ihrer Organisation gegen sexuelle Belästigung ein:

„Über allem steht die Gewaltfreiheit“, sagt Omar in dem Moment, in dem ein Schlagstock rumgereicht wird. Sie lächelt dann ein bisschen entschuldigend. „Das macht uns alle halt so wütend.“ Omar sagt, dass sich ihr Ägypten verändert hat. Sie versteht nicht, weshalb Frauen heute Angst auf der Straße haben müssen. „Das ist nicht mehr mein Ägypten“, sagt sie dann, den Tränen nahe. „Ich will mein altes Ägypten zurück.“ Aber es ist nicht klar, was sie mit dem alten Ägypten meint.“

(aus „Arabellion: Was vom Arabischen Frühling bleibt“)

Ghaith el Qudah, der Vorsitzende der Jugendorganisation der Islamic Action Front in Jordanien, setzt große Hoffnungen auf die Jugend des Landes:

„Aber jetzt scheint sich etwas in dem Land zu verändern. El Qudah arbeitet viel mit Jugendlichen. Ihm ist aufgefallen, dass die neue Generation anders denkt als er. „Die jungen Menschen sind nicht mehr so obrigkeitshörig, wie wir es noch waren“, sagt er. Auch bei den Muslimbrüdern seien die lokalen Führer längst nicht mehr unangreifbar. „Die jungen Menschen wollen Politik machen“, sagt er, „sie wollen mitentscheiden.“

(aus „Arabellion: Was vom Arabischen Frühling bleibt“)

Quellen auf einen Blick:
Projektbeschreibung zur Nominierung beim Grimme Online Award 2014.
Interview auf quergewebt mit Marcus Schwarze, Digitalchef Rhein-Zeitung.
Web-Reportage „Arabellion: Was vom Arabischen Frühling bleibt“.



Aufgeben hat keine Zukunft“ (Ägypten, Syrien, Tunesien)

Website „Aufgeben hat keine Zukunft“

Über persönliche Geschichten im Zuge der arabischen Revolution geht es auch bei der animierten Scrollstory „Aufgeben hat keine Zukunft“. Auch hier geht es um die beiden Länder Tunesien und Ägypten, daneben wird auch aus Syrien berichtet. Begleitet wird die Scrollstory von Animationen, Illustrationen, Grafiken und Fotogalerien. Drei Aktivistinnen und Aktivisten stehen mit ihren Porträts im Fokus.

Im Adventstürchen des quergewebt-Blogs wird über die Vielfalt der angesprochenen Themen folgendes geschrieben:

„Ihre Geschichten zeigen, dass sie nicht aufgeben, trotz der immensen Belastung und der teilweise gewaltsamen Rückschläge durch die alten Kräfte. Zwischentöne, Spannungen und Widersprüche zwischen dem Traum von Würde und Freiheit, Widerstand, Repression und Gewalt werden ebenso thematisiert wie Erfahrungen mit Demokratie und dem Aushandeln individueller Freiheiten und Gleichberechtigung.“

(quergewebt-Adventstürchen von 2021)

Tunesier Ramy Khouili berichtet über die Demonstrationen im Land zwischen Dezember 2010 und Januar 2011:

„Manchmal sah Ramy Khouili mit an, wie dort Aktivistinnen trotz der Repressionen Sit-ins organisierten, von der Polizei erbarmungslos verprügelt und festgenommen wurden. Das Regime wollte, dass junge Menschen wie Ramy Khouili stets an die Bilder festgenommener und misshandelter Demonstrantinnen denken. »Die Warnung lautete: Geht ihr auf die Straße, werdet ihr von uns verprügelt«, sagt Ramy Khouili.

(aus „Aufgeben hat keine Zukunft“)

Krebsforscherin Mona Seif und ihre Familie stehen vor allem seit der Revolution 2011 in Ägypten im Rampenlicht. Sie sagt über die Schwierigkeiten ihres Aktivismus:

„Sie habe dabei nicht die Option, klein beizugeben: Aufgeben bedeutet sterben.
Seit bald zehn Jahren kämpft Mona Seif pausenlos für die Freiheit ihrer Liebsten. »Wir fühlen uns mittlerweile ausgelaugt. Wir sind müde und haben eigentlich keine Kraft mehr«, sagt Mona Seif. Das ermüdende Spiel zwischen nicht ebenbürtigen Gegner*innen nehme einfach kein Ende. »Ich kann nicht mehr«, bilanziert Seif.

(aus „Aufgeben hat keine Zukunft“)

Quellen auf einen Blick:
Die Beschreibung im Adventskalendertürchen 22 auf quergewebt.
Die Scrollstory „Aufgeben hat keine Zukunft“.



Wasser für Tamara (Irak)

Blog „Wasser für Tamara“

Hammed Khamis begibt sich in 2017 auf eine besondere Reise in eine andere arabische Region. Er reist in den Irak, genauer in das Gebiet der Jesidinnen und Jesiden, mit dem Ziel, seiner Freundin Wasser einer heiligen Quelle für die Taufe ihrer Tochter mitzubringen. Im zehnteiligen Blog „Wasser für Tamara“ berichtet Khamis von seiner Reise und den Erlebnissen vor Ort.

Im Adventstürchen des quergewebt-Blogs wird darauf hingewiesen, dass es in der Geschichte nicht nur um das Quellwasser geht:

„Aber es ist mehr als die Suche nach “Wasser für Tamara” – Hammed Khamis trifft Menschen vor Ort, viele Kämpfer und Kämpferinnen, aber auch diejenigen, die betroffen sind von der Situation, die ihre Familie verloren haben, die nichts tun können.“

(quergewebt-Adventstürchen aus 2017)

Hammed reist durch verschiedene Regionen im Irak, um sein Ziel zu erreichen. Dabei trifft er u.a. auf die Jesidin Adiba Qasim, den Kleriker Baba Tschawusch, Oberst Qassem, Peshmergakämpfer und die „Sun Girls“, das Frauenbataillon. Sein Vater prognostizierte ihm vor seiner Reise, dass sie andere Auswirkungen für ihn haben könnte, als vorher vermutet:

„Ich muss an meinen Vater denken, der mir zum Abschied sagte: „Ich glaube nicht, dass sie dich kriegen.“ Etwas später fügte er hinzu: „Aber dein Herz werden sie brechen, da bin ich mir sicher.“

(vom Blog von „Wasser für Tamara“)

Quellen auf einen Blick:
Die Beschreibung im Adventskalendertürchen 18 in 2017.
Das Blog „Wasser für Tamara“.



Wirtschaft in Afrika“ (afrikanische Staaten)

Website „Wirtschaft in Afrika“

Wirtschaftsjournalistin Katja Scherer beschäftigt sich auf ihrem Blog „Wirtschaft in Afrika“ mit Startups, Digitalwährungen und Investments in verschiedenen afrikanischen Ländern und legt den Schwerpunkt auf Fakten statt Vorurteile. Mit ihren Recherchereisen, Dossiers, Blogbeiträgen und Newsletter öffnet sie für ihre Leserinnen und Leser den Blick für den Nachbarkontinent.

Im Adventstürchen-Beitrag aus 2021 heißt es:

„Hier wird klar, dass Afrika eben nicht nur arm und hilfsbedürftig ist, sondern unterschiedliche Regionen einen völlig unterschiedlichen Entwicklungsstand haben und es durchaus spannende Geschäftsmodelle gibt, die Probleme vor Ort lösen, aber auch Inspiration für europäische oder amerikanische Unternehmen sein können.“

(aus Adventstürchen Blog quergewebt von 2021)

So beschäftigt sich Katja Scherer in ihren Artikeln u.a. mit der Automobilbranche, Finanzindustrie, Logistik, Tourismus oder auch Fintechs in Afrika:

„Fintechs lösen ein fundamentales Problem auf dem Kontinent: Sie geben den Menschen Zugang zum Bankensystem und legen so die Basis für weiteres Wirtschaftswachstum.“

(aus Blog „Wirtschaft in Afrika“)

Aber auch Themen wie grüne Energie in Afrika finden sich in den vielfältigen Dossiers:

„Solar- und Windstrom direkt aus Afrika nach Europa zu transportieren, gilt also schon technologisch schwierig. EU und deutsche Bundesregierung gehen daher einen anderen Weg. Sie wollen mit Wind-, Solarstrom und Wasserkraft in Afrika grünen Wasserstoff erzeugen und diesen in die EU bringen.“

(aus Blog „Wirtschaft in Afrika“)

Quellen auf einen Blick:
Die Beschreibung im Adventskalendertürchen 21 in 2021.
Das Blog „Wirtschaft in Afrika“.